Die Geschichte der Capoeira

Wie aus einem Akt des Widerstands eine weltweite Bewegung wurde

Capoeira ist mehr als nur Bewegung – sie ist Ausdruck, Geschichte und kulturelles Erbe. Ihre Wurzeln reichen tief in die afrobrasilianische Vergangenheit. Dabei ist ihre Entwicklung alles andere als geradlinig: Sie ist geprägt von Mythos, Musik, Migration und einem ständigen Wandel zwischen Unterdrückung und Anerkennung.

In diesem Überblick erfährst du, wie sich Capoeira von einer Praxis des Widerstands zur globalen Bewegungskunst entwickelte. Alle Aussagen basieren auf anerkannten wissenschaftlichen Werken zur Geschichte der Capoeira.

1. Capoeira entstand im kolonialen Brasilien als Ausdruck afrikanischer Widerstandskultur

Capoeira wurde von versklavten Afrikaner:innen und ihren Nachkommen in Brasilien als kreative Reaktion auf Unterdrückung und Gewalt entwickelt. In Musik, Bewegung und Gemeinschaft bot sie Schutz, Identität und Widerstand.
Quelle: Matthias Röhrig Assunção (2005), Capoeira: The History of an Afro-Brazilian Martial Art, Kapitel 1

2. Die Wurzeln der Capoeira liegen in afrikanischen Körperkulturen, Ritualen und Spielen

Ursprünge lassen sich unter anderem im n’golo, einem rituellen Kampfspiel aus Angola, erkennen. Capoeira war nie ein isoliertes Produkt, sondern entstand im Austausch afrikanischer Bewegungspraktiken mit dem kolonialen Alltag.
Quelle: Maya Talmon-Chvaicer (2008), The Hidden History of Capoeira, S. 25–49

3. Capoeira wurde kriminalisiert und galt lange als subversiv

Im 19. Jahrhundert war Capoeira in Brasilien gesetzlich verboten. Capoeiristas wurden verfolgt, inhaftiert und mit kriminellen Banden in Verbindung gebracht. Die Praxis war Teil einer unterdrückten Gegenkultur.
Quelle: J. Lowell Lewis (1992), Ring of Liberation, S. 52–68

4. Im 20. Jahrhundert begann die gesellschaftliche Anerkennung

Mit der Arbeit von Mestre Bimba und Mestre Pastinha gewann Capoeira erstmals öffentliche Akzeptanz. Sie wurde strukturiert unterrichtet und als Teil der brasilianischen Kultur wahrgenommen.
Quelle: Assunção (2005), Kapitel 4

5. Mestre Bimba begründete Capoeira Regional – ein modernes Trainingssystem

Capoeira wurde unter Mestre Bimba sportlich, strukturiert und öffentlich unterrichtet. Er integrierte Prüfungen, Technikklassen und feste Abläufe und öffnete Capoeira für Schule, Militär und Medien.
Quelle: Nestor Capoeira (2002), Capoeira: Roots of the Dance-Fight-Game, S. 114–130

6. Mestre Pastinha bewahrte Capoeira Angola als rituelle und kulturelle Praxis

Pastinha sah Capoeira als Ausdruck afrobrasilianischer Identität. Er betonte Werte wie Gelassenheit, Achtsamkeit und Respekt und bewahrte die Verbindung zu Musik, Ritualen und Philosophie.
Quelle: Assunção (2005), Kapitel 5

7. Ab den 1970er-Jahren verbreitete sich Capoeira weltweit

Capoeira-Lehrer:innen reisten nach Europa, Nordamerika und Asien. Sie gründeten Gruppen, unterrichteten Workshops und etablierten Capoeira als globale Kunstform mit lokalen Ausprägungen.
Quelle: Talmon-Chvaicer (2008), Kapitel 6

8. Heute ist Capoeira eine vielfältige Bewegungspraxis mit globalen Wurzeln

Von sportlichen Schulen über sozialpädagogische Projekte bis hin zu spirituellen oder rituellen Gruppen – Capoeira lebt heute in vielen Formen. Doch ihre Geschichte bleibt immer präsent.
Quelle: Greg Downey (2005), Learning Capoeira, Einführung und Kapitel 7

Fazit

Capoeira ist ein lebendiger Ausdruck afrobrasilianischer Geschichte. Wer sie praktiziert, bewegt nicht nur seinen Körper, sondern auch einen Teil dieser Geschichte weiter.

Wenn du Capoeira selbst erleben möchtest, komm gern zu einem Training in Frankfurt vorbei – oder lies weiter in unserem Glossar, um noch tiefer einzutauchen.